Die Freie Wählergemeinschaft Rosbach/Rodheim ist seit Jahrzehnten eine parteiunabhängige Kraft in der Stadt Rosbach vor der Höhe. Ein Großteil der Kandidatinnen und Kandidaten, die sich in der letzten Kommunalwahl für das Stadtparlament oder für die Ortsbeiräte beworben haben, sind seit Jahren in vielen städtischen Gremien aktiv tätig und konnten in der Vergangenheit hinreichend Erfahrung sammeln.
Wir sind dem Landesverband der freien, unabhängigen und überparteilichen Wählergruppen für das Land Hessen angeschlossen. Als örtliche Wählergruppe sind wir in der Rechtsform eines nichtrechtsfähigen Vereins organisiert.
Hier finden Sie die Satzung der FWG Rosbach/Rodheim (Stand: 2008) als PDF-Download.
Eine kurze Geschichte der FWG Rosbach/Rodheim – erzählte Paul Groetsch in seiner Festrede zum 40jährigen Jubiläum am 19.11.1994, die wir Ihnen hier als Abschrift des Original-Textes nicht vorenthalten wollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
ich werde Ihnen weder einen „Festvortrag“ noch einen politischen Vortrag halten, denn dies soll heute ein fröhlicher Abend werden. Stattdessen will ich Ihnen einiges über unsere Freie Wählergemeinschaft berichten. Es war jedoch schwer, Einzelheiten aus der Gründungszeit zu erfahren, und zweimal ist hieran die Zeit schuld. Zum einen, wegen der erforderlichen Zeit, um sehr lückenhafte und verstreute Archivunterlagen durchzusehen, und zum Zweiten, wegen der inzwischen vergangenen Zeit. Viele der damals Aktiven sind nicht mehr unter uns, die noch Lebenden haben vieles vergessen.
Und mit den dadurch entstehenden Ungenauigkeiten möchte ich auch beginnen.
Vor 15 Jahren haben wir das 25-jahrige Jubiläum begangen, und Sie alle folglich für heute zum vierzigsten eingeladen. Denn es wurde uns von den alten Nieder-Rosbachern gesagt, 1954 habe sich dort die Freie Wählergemeinschaft zusammengefunden und 1956 erstmals an der Kommunalwahl teilgenommen. Und Nieder-Rosbach war zweifellos die Keimzelle der FWG.
Bei unseren Nachforschungen stießen wir jedoch auf für uns Erstaunliches. Es gab bereits bei der Kommunalwahl 1952 eine „Parteilose Wählergruppe Nieder-Rosbach“, die von den 9 Sitzen im Gemeindeparlament auf Anhieb 5 eroberte! Diese Kommunalwahl war am 4. Mai 1952, das heißt aber, wir haben uns – wie eine schöne Frau – jünger gemacht, als wir in Wirklichkeit sind! Aber doch nicht ganz so jung, wie uns die Wetterauer Zeitung vom Donnerstag machte. Für den Druckfehlerteufel schrumpfte unser Alter glatt auf die Hälfte.
Nun waren wir natürlich neugierig geworden und forschten noch weiter nach, soweit es die Kürze der Zeit erlaubte. Es hat auch bereits 1952 einen Wahlvorschlag der „Freien Wählergruppe Ober-Rosbach” gegeben. Für die Wahl im Mai müssen sich diese Gruppen wohl schon 1951 zusammengefunden haben. Von Rodheim fanden wir heraus, daß nicht nur 1952 eine „Unabhängige Wählergemeinschaft“ existierte, sondern sich bereits am 25. April 1948 eine Liste Nr. 6 mit dem Namen „Vereinigte bürgerliche Parteien“ bewarb, zum Teil mit den gleichen Kandidaten wie 1952 die UWG. Diese UWG Rodheim ist allerdings Mitte der 60er Jahre zerfallen.
Meine Damen und Herren, wir können uns also unser Alter aussuchen! Wer könnte das nicht gerne! Die 40 jahre sind auf jeden Fall falsch. Nehmen wir das Jahr 52 an, ist die Freie Wählergemeinschaft mindestens 42 Jahre alt, sehen wir die Rodheimer Vereinigten bürgerlichen Parteien als Vorläufer an, können 1998 unseren 50. Geburtstag feiern und das nur 4 Jahre nach dem vierzigsten! Am besten wäre es wohl, wir machen jedes Jahr eine solche Geburtstagsfeier, ohne dabei unser Alter zu nennen.
Aber nun zurück zu unserer Vergangenheit.
Fangen wir einmal 1948 in Rodheim an. Hochinteressant, in dem Protokollbuch zu blättern, dass 1933 beginnt. 1945 begann die Nachkriegszeit mit dem von der Militärregierung eingesetzten Burgermeister Schmidt, 1946 gab es die vermutlich ebenfalls ernannten Gemeinderäte Hermann Wehrheim und Richard Treutel. In der ersten Kommunalwahl nach dem Kriege 1948 erhielt die SPD 7 Sitze, die KPD 1 Sitz, und die Vereinigten bürgerlichen Parteien 4 Sitze mit Richard Vorbach, Richard Treutel, Arthur Jaksch und Hermann Wehrheim. 1952 zogen Hermann Wehrheim, Wilhelm Welter und Robert Kester in das Gemeindeparlament ein.
In Nieder-Rosbach erhielt am 25. April 1948 die SPD 157 Stimmen, die CDU 282, andere Parteien standen nicht zur Wahl. Dafür war am 4. Mai 1952 die Auswahl größer, da gab es SPD, BHE, Parteilose Wählergruppe und Bauernpartei Nieder-Rosbach. Die SPD erhielt 111 Stimmen, der BHE 107, die Parteilosen 228 und die Bauernpartei Nieder-Rosbach 79. Von den Parteilosen wurden Konrad Väth, Eugen Appel, Robert Metzger, Richard Metzger und August Wilhelm Simon gewählt. Konrad Väth wurde Burgermeister und Heinrich Kitz ist nachgerückt. Ludwig Simon und Heinrich Kroh II. wurden als Beigeordnete gewählt, somit waren Bürgermeister und Beigeordnete parteilos. Für mich überraschend, dass die Mitglieder der verschiedenen Ausschüsse nicht dem Parlament angehörten!
Als der ehrenamtliche Burgermeister Väth ausschied, wurde August Baie 1965 zum hauptamtlichen Burgermeister gewählt, der Vater unseres Gerhart Baie. Der Sohn ist bei der Freien Wählergemeinschaft ebenso aktiv wie in der Geflügelzucht. Er ist nicht nur stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Stellvertreter des Stadtverordnetenvorstehers, sondern, viel wichtiger, unser Schatzmeister, der unseren Schatz zusammenhält wie ein Schotte. August Baie, der zu unserer Freude heute unter uns weilt, blieb auch Bürgermeister als die Sitzverhältnisse sich umkehrten.
Von Ober-Rosbach liegt uns nur der Wahlvorschlag von 1952 vor, aber nicht das Wahlergebnis. Es gab nur Listen von SPD, CDU und Freier Wählergruppe. Dabei ist anzumerken, dass einzig die CDU eine Frau auf der Liste hatte! Auf der Liste der Freien Wählergruppe stehen 12 Namen, von denen ein Einziger nichts mit Landwirtschaft zu tun hat. Die ersten 6 sind: Jakob Engel VI, Karl Wenzel III, Wilhelm Mann, Alois Olmer, Emil Jager und Heinrich Cuntz. – Im Oktober 1956 errangen Jakob Engel, Willi Becker, Gernot Köhler und Werner Hachenburger Sitze für die Freien Wähler, zusammen mit 8 SPD-Vertretern, CDU nicht dabei. Für diese Wahl standen auf der FWG-Bewerberliste nur 5 Landwirte von 15, die Liste stellte somit einen besseren Querschnitt der Bevölkerung dar.
Es folgen dann zwei große Umwälzungen, und wir kommen aus dem „Altertum“ der Freien Wähler in die Neuzeit. Zuerst der freiwillige Zusammenschluss von Ober-Rosbach und Nieder-Rosbach. Im Rosbacher Stadtboten in der 10. Ausgabe 1971 wurden die Listen veröffentlicht, mit 40 Namen auf der Liste der SPD, 14 auf der Liste der CDU und 17 auf dem Vorschlag der Freien Wählergemeinschaft. Diese Liste abwechselnd Ober-Rosbach und Nieder-Rosbach, erster war Hartmut Birkenstock.
Dann folgte kurz darauf die Gebietsreform und damit die Zusammenlegung mit der Gemeinde Rodheim als Stadtteil von Rosbach. Hubert Reß betrieb im Vorfeld der anstehenden Gemeindewahl energisch die Ausdehnung der Freien Wählergemeinschaft auf Rodheim. Vier Frauen standen damals auf unserer Liste, die insgesamt 36 Bewerber. enthielt. Die Wahl war für die Freien Wähler ein voller Erfolg, wir erhielten 8 der 31 Sitze, die CDU 6, die SPD 17 und damit die absolute Mehrheit. Bei folgenden Gemeindewahlen verloren wir Sitze, die CDU überholte uns, aber heute sind wir wieder mit 8 Mitgliedern im Stadtparlament vertreten.
Nach Ablauf der Amtszeit von Bürgermeister Richard Hardt wurde der von der FWG vorgeschlagene parteilose Detlev Brechtel zum Bürgermeister gewählt und trat sein Amt am 1. Januar 1979 an. Wir freuen uns, daß auch er heute unter uns weilt. Er wurde nach 6 Jahren wiedergewählt und stand 12 erfolgreiche Jahre dem Magistrat und der Stadtverwaltung vor. Ich bin sicher, dass er diese 12.Jahre nicht vergessen wird.
Aber jetzt mochte ich zu der Frage kommen, was eigentlich eine Freie Wählergemeinschaft ist.
Wir sind einmal nach unserer Satzung ein nicht eingetragener Verein, mit gewähltem Vorsitzendem und gewähltem Schriftführer, während der Fraktionsvorsitzende automatisch Stellvertreter ist. Ansonsten jedoch ist die Freie Wählergemeinschaft eine Bürgerinitiative im wahrsten Sinne des Wortes, eine Initiative, welche alle Bürger der Stadt vertreten will. Nun gibt es viele Bürgerinitiativen, die nur für einen bestimmten Zweck gegründet werden, zum Beispiel um eine Umgehungsstraße zu fördern oder zu verhindern. Daher muß man bei vielen dieser Bürgerinitiativen leider sagen, es geht Eigennutz vor Gemeinnutz.
Wir betrachten uns verantwortlich für das Wohl aller Bürger und damit untrennbar verbunden, das Wohl der Stadt. Wir beschränken uns auch absolut auf die Arbeit einzig nur in unserem Gemeinwesen und haben stets z.B. die Mitarbeit an der FWG des Wetteraukreises abgelehnt. Die uns zustehende Aufwandsentschädigung geht auf ein gemeinsames Konto. Damit finanzieren wir z.B. eine Reise nach Netzschkau oder Ciechanowiecz, verbunden mit Spenden an diese beiden Städte oder Spenden für andere Empfänger. Wir haben die vielen Jahre hindurch rein sachbezogen im Parlament und in den Ausschüssen gearbeitet. Wir haben zum Beispiel auch dem Haushalt von Bürgermeister Hardt zugestimmt, wenn wir diesen für gut hielten, unser Verhalten im Parlament bei Abstimmungen ist nicht abhängig von einer übergeordneten Parteilinie. In unserer kleinen Stadt sollte Parteipolitik eigentlich nichts zu suchen haben, es geht doch hier nicht um hohe oder große Politik, die ja zunehmend zur Verdrossenheit, ja fast schon zum Ekel beim Burger führt. In der Kommune geht es eher darum, wie groß der Sandkasten eines Spielplatzes werden soll. Da es nur um Sachprobleme und das Wohl des Burgers geht, darf es in Kommunalparlamenten keine Opposition geben, sondern allenfalls unterschiedliche Meinungen zu Sachfragen. Wir sind auch in den vergangenen 22 Jahren keine Koalition mit einer Partei eingegangen und Versuche, uns früher in jene, später in diese Ecke zu stellen, waren und sind falsch.
Soviel zu dem, wie wir unsere Freie Wählergemeinschaft verstehen. Wir haben uns immer aktiv und intensiv in alle Fragen eingeschaltet und versucht, mit den vorhandenen Mitteln möglichst sparsam umzugehen. Wir nehmen seit 1976 Einfluss auf den Haushalt, was uns nur in der Zeit der Ampel-Koalition nicht möglich war. Wir haben immer sachlich mit den Bürgermeistern zusammengearbeitet, solange diese sachlich geblieben sind. Und ich behaupte, wir waren viele Jahre erfolgreich, auch wenn das nach außen nicht immer sichtbar wurde.
Aber ich hatte am Anfang versprochen, dass mein Vortrag nicht politisch wird und möchte damit deshalb jetzt aufhören, nicht ohne noch etwas ganz Wichtiges vorzubringen.
Meine Damen und Herren, die Arbeit der Mitglieder in Parlament und Magistrat, in den Sitzungen von Fraktion und Verein ist unseren aktiven Mitgliedern nur möglich, weil unsere toleranten und verständnisvollen Ehepartner uns dies zugestehen. Man spricht von „politischen Witwen“, die viele Abende alleine verbringen, aber da wir seit je Frauen in unseren Reihen haben, gibt es auch politische Witwer, denen natürlich ebenso unser Dank für das Verständnis gilt.
Meine Damen und Herren, ich wünsche Ihnen noch einen vergnügten Abend.